Limenistik - Philosophie der Schwellen

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Limenistischer Hauptsatz: Jede Grenze ist eine Schwelle und jede Schwelle eine Grenze.

 

Der limenistische Imperativ ist grundsätzlich kritisch: Ist der Mainstream (die normative Gewalt) in einer bunten Weltgeschichte blau, senke die Schwelle ins Rote und umgekehrt.

 

Grundlagen der Limenistik: 

Die Limenistik postuliert, dass jedes Individuum nur in abgegrenzten Sphären von Gemeinsamkeiten existieren kann, die es mit anderen Individuen teilt. Das Teilen von Gemeinsamkeiten macht ihre Ähnlichkeit aus. Gleichzeitig sind die Grenzen der Gemeinsamkeitensphären durchlässig und die Sphären ineinander integriert, sodass zwei Individuen grundsätzlich mindestens eine Gemeinsamkeit teilen. 

 

Die Limenistik geht davon aus, dass die Suche nach Glück Grundlage des menschlichen Handelns ist und sein sollte. Es stellt den ultimativen Wert dar und steht über der Ökonomie biochemischer Satisfaktion. Glückserfahrung zeigt Höherentwicklung an, die das Individuum und seine Gruppe zunehmend resistenter gegen (Zer)Störungen macht. Höherentwickelnder Fortschritt dient zuerst dem Erhalt.

 

Die Limenistik geht davon aus, dass der Erfolg bei der Glückssuche möglich ist und dass dieser Erfolg nicht nur auf bloßem darwinistischen Trial-and-Error beruht, sondern dass, basierend auf Erinnerung, eine methodische Vorausberechnung oder intuitive Erahnung von glücklichmachenden Handlungen erfolgen kann. 

 

Gleichzeitig postuliert die Limenistik eine immerwährende, omnipräsente, objektive Unzulänglichkeit, die das Glück weder vollständig berechenbar noch garantiert erahnbar macht. Vielmehr hat der Mensch im Laufe seiner Geschichte Strategien entwickelt, die jenes Erreichen in immer weniger Testschritten und damit begleitet von immer weniger Misserfolg und damit Leid erlaubt. Hierzu gehören bewusstseins- und erkenntnisbezogenen Strategien wie Mystik und Rationalismus, eigentümlichkeits- bzw. gerechtigkeitsbezogene Strategien wie Rechts und Links, freiheitsbezogene Strategien wie liberal und regulierend sowie elevationsbezogene Strategien wie konservativ, progressiv, Restauration/Renaissance. 

 

Die Limenistik postuliert, dass keine dieser Strategien oder Strategienbündel allein auf Dauer zu individuellem oder gemeinschaftlichen Glück führen. Das bedeutet auch, dass keine Strategie irgendwann evolutionär ausgesiebt wird, bzw. sich als Irrtum der Geschichte herausstellt. Jede jemals gefundene, zum Glück beitragende Strategie hat für immer ihre Berechtigung, genauso wie jede neue, eigene oder fremde, glücklichmachende. Dies resultiert daraus, dass das Universum in sich ähnlich ist. Die ausschließliche und uneingeschränkte Anwendung bestimmter Strategien entspricht dem, was heute als gesellschaftlicher oder politischer Extremismus verstanden wird. Handlungen, die hierauf basieren, werden zu Misserfolg und Unglück führen. 

 

Die Limenistik geht nicht davon aus, dass sich die Handlungen der Agenten jener Strategien in irgendeiner Art von Gleichgewicht befinden müssen. Sie sind ungleichberechtigt, trotzdem vergleichen sie sich ständig miteinander. Das heißt auch, dass sich die situationsabhängig jeweilig entgegengerichteten Strategien in ihrem Extremismus nicht gegenseitig ausgleichen, sondern aufschaukeln. Die Aufgabe, den Extremismus einer Strategie einzudämmen obliegt den gemäßigten Agenten der gleichen Strategie. Daher müssen Nationen den Nationalismus, demokratische Rechte/Linke den Rechts-/Linksextremismus, Liberale den Neoliberalismus, Gesetzgeber den Universalismus ihrer Vorgaben, Traditions- und Kulturwächter den Partikularismus, Konservative den Konservatismus und Progressive den Progressismus zähmen. Wenn jene diese Aufgabe auf den jeweiligen Gegner abwälzen oder in ihre eigene Gegnerschaft übergehen, ist das ein Irrweg. 

 

Die Limenistik bejaht die Diversität der Strategien zur Erlangung von Glück. Die Diversität ist jedoch eingeschränkt, da sich Menschen ähnlich sind. Ein viele Menschen glücklichmachendes Strategienbündel kann beispielsweise von einem einzigen Individuum erkannt werden. Andererseits sind sich die Strategienbündel grundsätzlich ähnlich. Die Diversität bezieht sich auf die Erlangung von Glück und nicht auf die objektive Wahrheit. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen Limenistik und der postmodernen Beliebigkeit.

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